Im Gespräch – Andreas Kramp über den Königlichen Weinberg

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Sophie Soike, Referentin Public Relations
© PMSG Karoline Wolf
Sophie Soike
06. Juni 2023

Die Mosaik-Berlin gGmbH, eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung, arbeitet gemeinsam mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten seit 2006 an der Wiederherstellung des Königlichen Weinbergs. Mittlerweile konnten rund 200 Obstbäume und mehr als 3.000 Rebstöcke – auch aufgrund der Übernahme von zahlreichen Patenschaften durch Weinliebhaber aus aller Welt – gesetzt werden. Menschen mit und ohne Behinderungen haben es geschafft, den üppigen Obstgarten und Weinberg wieder erlebbar zu machen – wie einst zu Friedrichs II. Zeiten.

Andreas Kramp arbeitet seit mehr als 20 Jahren für die Mosaik-Berlin gGmbH. Zunächst war er in der Garten- und Landschaftspflege tätig und damit von Beginn an mit dem Weinberg vertraut. Heute ist er als Projektkoordinator des Königlichen Weinbergs für Führungen, Veranstaltungen und das Marketing zuständig.

Im Gespräch – Andreas Kramp über den Königlichen Weinberg

Wie kam es zu der Idee, den Königlichen Weinberg im Schulterschluss zwischen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und der Mosaik-Berlin gGmbH wiederaufzubauen?

Andreas Kramp: Es war mehr oder weniger ein glücklicher Zufall: Unser Fachbereichsleiter für die Garten- und Landschaftspflege erstellte Anfang der 2000er Jahre ein Gutachten für einige Bäume im Park Sanssouci. Im Zuge dieses Gutachtens tauschte er sich mit dem dortigen Revierleiter über den Zustand der Bäume aus. Sie unterhielten sich aber auch über den verfallenen Weinberg unterhalb des Belvedere Klausberg und darüber, dass es hierfür dringend eine Lösung zum Erhalt bräuchte. Im Laufe dieses Gespräches kam die Idee auf, dass man diesen Weinberg doch im Rahmen eines gemeinsamen Inklusionsprojekts wiederherstellen und rekultivieren könnte. Was daraus geworden ist, kann man heute sehen.

Was waren die größten Herausforderungen, die Ihnen bei dem Wiederaufbau begegnet sind?

AK: Anfangs gab es viele Unbekannte. Es begann mit der historischen Anlage selbst: Wie sah diese eigentlich damals aus? Welche Obst- und Weinsorten wurden angebaut? Bekommt man diese heute überhaupt noch? Wie wurden diese kultiviert? Aber es gab auch banale Fragen zur Infrastruktur. Wie war beispielsweise die Wegführung? Es gab diesbezüglich kaum Pläne. Dann war da das Thema mit dem Weinbau an sich. Wir waren keine Winzer und hatten auch keinerlei Weinerfahrungen. Aber da mein Vater damals Handelsvertreter für Wein war, ist es uns relativ schnell gelungen, ein gutes Netzwerk in die Weinszene aufzubauen. Ich erinnere mich, dass ich damals extra an die Mosel gefahren bin, um mir vor Ort zeigen zu lassen, wie man Wein anbaut und worauf man achten sollte. Später folgten weitere Reisen mit dem Team in die Deutschen Weinbaugebiete. Wir haben seitdem viele Weingüter besucht und konnten überall etwas lernen.

Ist man beim Wiederaufbau exakt dem historischen Vorbild gefolgt?

AK: Mancherorts schon, aber nicht überall. Die Anlage der Lepère’schen Mauern kann man in etwa heute so erleben wie damals. Auch bei der Sortenwahl für die Obstbäume haben wir uns schon daran orientiert, welche Sorten damals auf dem Markt waren und dort im Garten gestanden haben könnten. Beim Wein sieht das anders aus. Zu Friedrichs Zeiten wurden vornehmlich Tafeltrauben angebaut. Das bedeutet, diese dienten zur Speise und wurden nicht zu Wein verarbeitet. Wir hingegen wollten etwas „Trinkbares“ erzeugen und mussten deshalb auf Keltertrauben setzen, die zudem mit unseren regionalen Gegebenheiten klarkommen. Außerdem haben wir das ganze Projekt biologisch ertifizieren lassen, was nochmals Einfluss auf die Rebsortenauswahl genommen hat. Noch ist der Wiederaufbau des Weinbergs aber nicht abgeschlossen. Dafür braucht es weiterhin die Unterstützung von Spenderinnen und Spendern. Allein die denkmalgerechte Wiederherstellung der Treibmauern und des kaiserlichen Gewächshauses oder die Ertüchtigung des historischen Heizhauses als Aufenthaltsort für die Gärtnerinnen und Gärtner kostet eine Unmenge an Geld.

Konnten noch alte Obst- und Weinsorten aus Friedrichs II. Zeiten geborgen werden?

AK: In der Tat haben wir bei unseren damaligen Aufräum- und Sichtungsarbeiten an den Treibmauern rund 40 Rebstöcke gefunden, die mindestens aus der Kaiserzeit stammen. Darunter befinden sich heute so unbekannte Sorten wie Black Hamburg oder Agostenga.

Welche Rebsorten werden heute angebaut?

AK: Heute haben wir auf dem Königlichen Weinberg vornehmlich modernere Rebsorten wie Cabernet Blanc und Regent angepflanzt.

Weinnacht, Weinpicknick, Weinführung, Weinfest – Es gibt viele Gelegenheiten, in den Potsdamer Weingenuss zu kommen. Was ist für Sie das Besondere an dem Ort?

AK: Zum einen ist der Genuss von Wein an dem Ort, wo er entsteht, ein ganz besonderer Genuss. Viele kennen das aus dem Urlaub. Zuhause schmeckt derselbe Wein ganz anders, als bei dem Weingut, dass man auf seiner Reise besucht hat. Hinzu kommt, dass dieser Weinberg aufgrund seiner Rustikalität etwas Verwunschenes in sich trägt. Ein Ort, der lange im Dornröschenschlaf lag, überwachsen von Efeu und Brombeerhecken und nun wieder zum Leben erwacht. Es ist ein Ort zum Träumen. Und er steht wie kaum ein anderer für die Brandenburger Weinbaugeschichte.

Rotwein oder Weißwein? Was ist ihr Favorit?

AK: Das kommt auf den Anlass an. Im Sommer bevorzuge ich einen frisch fruchtigen Weißwein. Im Winter zum Festtagsessen eher einen Rotwein.

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